An dem Tag, an dem ich den EV6 abholen durfte, war die Begeisterung groß. Auto des Jahres 2022, das muss schon was heißen, aber was genau? Ich bin dem auf den Grund gegangen und habe den EV6 in der Air-Premium-Version mit großer Batterie getestet. Gleich mal vorweg: Richtige Makel konnten wir nicht finden, doch ein paar Verbesserungsmöglichkeiten gibt es dennoch.

Optik:
Optik objektiv zu bewerten geht schwierig, doch habe ich trotzdem noch nie so viele positive Kommentare zur Optik eines Testwagens bekommen. Das Blau steht ihm wirklich ausgezeichnet und die ganzen Kanten und Linien, die über die Karosserie führen, lassen einen staunen. Kia hat es geschafft, ein Elektroauto zu designen, das nicht „Öko“ schreit. Eine erfrischende Alternative im Vergleich zu vielen anderen Herstellern, die dachten, dass Elektroautos einfach ganz anders ausschauen müssen. Der Kia EV6 hat sein eigenes sportliches Design gefunden und es steht ihm ausgezeichnet und bringt immer wieder dazu, die Blicke von Passanten auf sich zu ziehen.
Motor:
Ein Permanentmagnet- Synchron-Elektromotor liefert 229PS oder 168kW an die Hinterachse, die das über 2 Tonnenschwere Fahrzeug in 7,3 Sekunden von 0 auf 100 bringen. Das liest sich nicht nur sportlich, sondern fühlt sich auch so an. Dank der sofort verfügbaren Leistung spurt das Auto vorwärts und zaubert dabei so manchem Teenie im Seat Ibizia beim grün werden der Ampel eine Träne ins Auge. Es wirkt fast wie eine Simulation, wie ein Film – die Landschaft zieht vorbei, die km/h Anzeige steigt hoch, doch akustisch ist kein Unterschied wahrzunehmen. Das ganze fühlt sich dadurch weniger brachial an als ein schreiender Verbrenner, dafür aber umso entspannter.
Ein Elektromotor bringt wirklich viele Vorteile mit sich. Er liefert ohne einen einzigen Schaltvorgang konstante Leistung bis zur maximalen Geschwindigkeit von 185 km/h, dann ist es vorbei. Für alle die nicht mit 200 Sachen über die deutsche Autobahn fahren wollen mehr als ausreichend. Ein weiterer Vorteil ist die Rekuperation, sprich die Energierückgewinnung durch den Motor beim heranrollen an rote Ampeln oder bei Bergabfahrten. Die ganze Energie geht nun nicht mehr in die Bremsen oder in den Motor, sondern wird direkt in die Batterie wieder eingespeichert – genial!
Mit dem Motor verändert sich auch die Angabe des Verbrauchs. Indessen spricht man von kWh/100km. Der Verbrauch lag bei ~19kWh/100km, damit sind auf jeden Fall bei vollem Akku 400 Kilometer drinnen. Bei sehr sparsamer Fahrweise und das nicht verwenden von weiteren Stromfressern wie die Klimaanlage können bis zu 500 Kilometer erreicht werden.
Dank der 800 Volt Ladetechnik ist das Fahrzeug in etwa einer halben Stunde wieder vollgeladen. Wenn man bedenkt, dass man eh alle paar Stunden normal eine Pause ist dies gar kein Problem mehr. Bei jeder Pause den Kia an eine Schnellladestation hängen und der Akku wird nie leer werden. Das Navigationssystem berücksichtigt sogar bei längeren Routen, dass ausreichend Ladestationen am Weg sind.
Fahrwerk & Fahrverhalten:
Wie auch schon andere Fahrzeuge von Kia, wie der Ceed, rollt der EV6 auch wie auf Schienen daher. Die Reifendimensionen von: 235/55 R19 bieten viel Grip und lassen das schwere Fahrzeug dank der großen Felgen nicht schwammig wirken. Stöße und Bodenunebenheiten werden sportlich-straff gedämpft, so gelangen größere Bodenunebenheiten auf jeden Fall noch im Innenraum. Durch die unebene Innenstadt kann dies schon unangenehm werden. Dafür fährt es sich umso sportlicher auf der Landstraße.
Der EV6 lässt sich sehr präzise steuern, leider gibt einem das Lenkrad ein bisschen zu wenig Feedback für meinen Geschmack.
Für alle die, die Grenzen des Flitzers ausreizen wollen gibt es einen Spaßknopf. Nachdem die elektronischen Helferlein deaktiviert wurden, stehen Drifts und Donuts nichts mehr im Wege. Dies macht schon mächtig Spaß, doch ist es dennoch eine ganz andere Erfahrung wie in einem Verbrenner. Durch die indirekte Lenkung und dem Ausbleiben von Motorsound ist es schwieriger im Grenzbereich das Fahrzeug genau zu dirigieren.

Allgemein ist das Fahrerlebnis komfortabel, die Fahrassistenten vereinfachen das Leben des Fahrers ungemein und erhöhen zusätzlich die Sicherheit. Trotzdem gibt es immer die Möglichkeit, das voluminöse Gefährt sportlich zu lenken.
Innenraum & Kofferraum:
Beim Innenraum komme ich schnell ins Schwärmen. Übersichtlich, minimalistisch, aber dennoch interessant und stylish – diese Worte beschreiben ihn meiner Meinung nach am besten. Aufgrund des nicht vorhandenen Getriebes gibt es reichlich Platz in der Fahrerkabine des EV6. Aufgrund der 2,9 Meter breite wirkt es auch sehr luftig und auch große Personen sollten genug Platz finden.
Die Sitze sind sehr bequem und auch individuell, sogar die Kopfstütze in der Tiefe, einstellbar. Sie verfügen über eine Memory-Funktion und nehmen je nach Schlüssel oder Einstellung die gewünschte Sitzposition automatisch ein. Sitzheizung und Lüftung erzielen immer die gewünschte Temperatur unter dem Allerwertesten. Außerdem gibt es einen eigenen Knopf, mit dem der Sitz von selbst in eine Liegeposition fährt. Perfekt um während der Zeit bei der Ladesäule die Augen für einige Minuten rasten zu lassen. Die Platzverhältnisse sind vorne und hinten großzügig. Bis zu 1,90 Meter sollte es kein Problem sein, im Kia Platz zu nehmen.
Ablagen verstecken sich eigentlich überall und man wird bald Schwierigkeiten haben sich zu erinnern, wo man was abgelegt hat. Der große, zum Fahrer geneigte Touchscreen in der Mitte bietet die meisten Kontrolloptionen. Die wichtigsten Bedienungselemente sind trotzdem noch auf Touch-Knöpfen hinterlegt. Was ganz cool ist, bei diesen Knöpfen kann man wechseln zwischen Klimaeinstellungen und Navigation. So werden möglichst viele Optionen über nur wenige Knöpfe gesteuert. Der Nachteil der Touchknöpfe ist, dass diese auch relativ einfach unabsichtlich beim darüber streichen bedient werden können.
Danke der ~4,7 Meter Länge ist in der hinteren Sitzreihe ist mindestens so viel Platz wie vorne und auch von den Features geht man in der zweiten Sitzreihe nicht leer aus. Sitzheizung und USB-Anschlüsse warten auf einen. Wie es aufgrund der großen Stromspeicher im Boden bei Elektrofahrzeugen üblich stehen in der hinteren Reihe die Füße relativ hoch auf, dies führt zu einem etwas engeren Kniewinkel, welche für manche Personen unangenehm sein könnte.
Laut Hersteller fasst der Kofferraum 490 bis 1300 Liter. Bei anderen Herstellern gibt es hier mehr Platz, dafür aber nicht so eine sportliche Linie wie beim EV6. Trotzdem sollte der verfügbare Platz für alle, die nicht wöchentlich umziehen, ausreichen. Der Ladeboden ist etwas hoch, dafür eben und unter dem Boden verstecken sich noch 60 weiter Liter, die für schmale Sachen praktisch verwendet werden können. Im sogenannten Frunk (Kofferraum unter der Motorhaube, denn hier ist ja kein Motor mehr) gibt es nochmal 50 Liter extra. Die lässt sich einfach geteilt herunterklappen und für Ski gibt es eine Durchreiche, welche jedoch nicht sehr groß ist.
Kosten & Garantie:
Der Preis des Kia EV6 wie er hier vorgestellt wird beläuft sich auf etwa 50.000 €. Die Basisversion startet schon ab 45.000 €, wobei hier doch schon einige Features dabei sind.
Im Vergleich zu anderen Fahrzeugen mit der Schnellladeoption bietet Kia den EV6 zu einem auf jeden Fall kompetitiven Preis an, bei andern Herstellern wird meistens deutlich mehr verlangt.
Kia gibt eine 7-Jahres (oder 150.000 km) Garantie an, die ist jedoch mit einigen Einschränkungen versehen.
– 7 Jahre Kartenupdates für das Navigationssystem.
– Audio-, Entertainment- und Navigationssystem (3 Jahre Garantie)
– Lack (5 Jahre Garantie/150.000 km)
– Batterie (2 Jahre Garantie)

Fazit:
Einfach geil! So fährt man gerne im E-Auto. Der EV6 ist wirklich sehr ausgeklügelt, überzeugt durch seine Reichweite, Ladegeschwindigkeit, Leistung und auch eindeutig das ganze Fahrerlebnis, dass man in diesem Auto hat. Im Crashtest erreicht er alle fünf Sterne, doch durch die ganzen Sensoren und Kameras können viele Unfälle vorab verhindert werden.
Beim EV6 stimmt das Gesamtpaket, er ist innen und außen nicht nur optisch stimmig, sondern auch die Bedienung und die Funktionen passen. Besonders für Familien dürfte er sehr attraktiv sein, er bietet genug Platz um entspannt zu Reisen und Gepäck mitzunehmen und durch die Reichweite von mindestens 400 Kilometern in Kombination mit der 800 Volt Ladetechnik kann man auch gut verreisen.